· 

Nein, du sitzt in keiner Todeszelle fest- zum Glück!

Ich habe grade einen Artikel darüber gelesen, dass, während ich das grade schreibe, Frauen und auch Männer im Iran verhaftet und zum Tode verurteilt wurden, weil sie dafür eingetreten sind, ein freies Leben führen zu können. Dass Frauen tanzen und ihre Haare wehen lassen dürfen, dass sie keine Angst vor Schlägen und Vergewaltigungen haben müssen. Und nun sitzen sie in Todeszellen und warten auf die Vollstreckung des Urteils.

 

Ich kann mir auch unter Aufbringung aller Phantasie nicht mal annähernd vorstellen, wie das sein muss. Wie unglaublich schrecklich und ausweglos, entsetzlich beängstigend und traurig so eine Lage wäre. Wie hilflos man so einem System in so einer Situation ausgesetzt ist. Und solche Bedingungen gibt es leider nicht nur im Iran, es gibt leider mehrere Länder auf der Welt, in denen Menschen absoluter Willkür ausgesetzt sind und keine Möglichkeiten haben, ihrer Situation zu entkommen oder diese durch eigenes Handeln positiv zu verbessern.

 

Und damit komme ich zu uns hier in Deutschland und dem GEFÜHL von vielen, quasi genauso ausweglos gefangen zu sein.

 

Denn wenn ich gleich etwas darüber schreiben möchte, dass man sich ruhig trauen sollte, Veränderungen anzupacken und dass man sich ja notfalls immer noch wieder für etwas anderes entscheiden kann, dann meine ich Leute, die in der Situation sind, dass sie das tun können. 

Mir ist aber bewusst, dass es Menschen gibt, die tatsächlich keine Handlungsmöglichkeiten haben und es wäre zynisch, ihnen fehlenden Mut zuzuschreiben und den Rat zu geben, doch mal etwas auszuprobieren. 

 

Ich glaube, das mag ich an vielen Motivationsvorträgen und Coachingsachen nicht. Die Unterstellung, dass absolut jeder Mensch alles erreichen kann, wenn er nur fest genug an sich glaubt. Es gibt aber Personen auf der Welt, die diese Chancen nicht haben und ich finde es arrogant, diese vielen Menschen einfach so unter den Tisch fallen zu lassen. Denn egal, wie positiv sie denken und mutig sind, sie haben keine Chance auf Rettung aus eigener Kraft.

 

Aber die allermeisten von uns hier in Europa FÜHLEN sich nur so, als ob sie genauso fest genagelt wären und es kein Entkommen gäbe.

 

Da wird über die zutiefst enttäuschende Beziehung geredet, die unerträglichen Nachbarinnen, die unmögliche Arbeitssituation mit den nervigen Kollegen oder den ätzenden, ständig Druck ausübenden Chef.

Außerdem ist das Wetter immer entweder viel zu heiß, zu windig, zu regnerisch oder kalt. 

Alles ist furchtbar blöd und die Müllwerker machen ausgerechnet am einzigen freien Tag schon früh Krach. 

Es ist nicht auszuhalten und man selber sitzt gefangen in dieser Anreihung von Scheußlichkeiten fest und kann nichts machen. 

MAN KANN JA GAR NICHTS MACHEN!!!!

 

Aber wir sitzen NICHT in einer Todeszelle fest und bekommen bald vor johlender Menge den Kopf abgeschlagen und nichts wird uns davor retten.

Wir könnten nach einer anderen Wohnung, einer anderen Arbeit oder neuen Liebe suchen. Wir können sogar in ein anderes Land mit anderen Wetterbedingungen ziehen. 

OK, bevor jetzt die ganzen ABER!!!! durch deinen Kopf schießen und die ganzen WAS WIRD DANN AUS..., betrachte die Angelegenheit rein sachlich: Gibt es ein Gesetz oder eine bewaffnete Übermacht, die dich tatsächlich grade aktuell daran hindert oder sind das eher Gründe, die in deinem Kopf auf Ploppen?

 

Überlege dir folgendes: Angst ist eine Vorstellung in deinem Kopf über ein Ereignis, aber Angst ist nicht das Ereignis selbst!

 

Du hast Angst vor einer Veränderung, aber das sagt nichts darüber aus, wie es ausgehen wird, wenn du die Veränderung wagst.

 

Du hast wahrscheinlich Befürchtungen, dass alles zum Schluss noch schlimmer wird.

 

Aber wenn du grade an einem Punkt in deinem Leben bist, an dem du alles ganz schrecklich findest, ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Veränderung etwas positives bewirkt, höher als das es noch schlimmer wird.

 

Wenn du also durch die Tür der Veränderung gehst und du kommst dort in eine Situation, die du noch schrecklicher findest, dann öffnest du die nächste Tür und gehst weiter. Es kann aber auch gut sein, dass sich alles für dich bessert. Oder es bleibt alles ähnlich. Es gibt immer mehrere Möglichkeiten und was eine Veränderung wirklich bringen wird, weißt du erst, wenn du sie ausprobiert hast. 

 

Wenn du feststellst, dass du nichts dafür tust, um deine Situation zu verändern oder wenn du merkst, dass du besonders aufmerksam Leuten zuhörst, die dich vor deinen Plänen warnen und nicht denen, die dich ermutigen, dann möchtest du vielleicht gar nichts verändern. Und das ist ok so.

 

Aber dann übernehme Verantwortung dafür, dass du dazu beiträgst, in deiner aktuellen Situation zu bleiben. 

 

Veränderungen einleiten muss gar nicht bedeuten, dass man gleich auswandert, alles hinschmeißt oder die Kinder zur Adoption frei gibt. Es kann auch bedeuten, dass man zu einer Paarberatung geht, die Nachbarin anspricht, dass sie bitte nicht mehr so spät laut Musik hören soll, den Betriebsrat einschaltet, um sich gegen die Attacken des Chefs zu wehren, dass man sich Zeit für ein eigenes Hobby nimmt.

 

Viele reagieren auf solche Vorschläge mit einem "das bringt doch nichts" oder "dann wird es doch nur noch schlimmer", aber das weißt du erst dann, wenn du es ausprobiert hast. Und auch dann steckst du NICHT in einer Todeszelle. Sollte es wirklich noch schlimmer werden, dann kann die nächste Tür ausprobiert werden und vielleicht wartet dahinter ein Raum, in dem du dich sehr wohl fühlen wirst. 

 

Oder du gestehst dir ehrlich ein, dass du einfach gerne ein bisschen jammerst und dich bemitleiden lässt, aber eigentlich nicht wirklich an einer Veränderung interessiert bist. Damit bist du ja nicht allein. Wir wünschen uns alle ab und an mal ein bisschen Extra- Zuwendung. Und wenn wir gelernt haben, dass das der beste Weg ist, diese zu bekommen, werden wir auch weiterhin ein bisschen herumjammern und allen erzählen, wie unfair alles ist. 

 

Aber du hast immer die Möglichkeit, eine Veränderung auszuprobieren, aber das musst dann DU tun. Für dein Leben hast du und nur du die Verantwortung. Das ist manchmal anstrengend. Aber wenn wir mal richtig drüber nachdenken ist das auch schlichtweg WUNDERBAR!