Dir kommt ein Nachbar entgegen und du weißt, dass grade seine Mutter (Tochter, wer auch immer) verstorben ist. Oder jemand, von dem du weißt, dass bei diesem Mensch eine schreckliche Krankheit diagnostiziert wurde. Es kann auch ein Arbeitskollege, eine Freundin, irgendjemand sein. Du begegnest ihnen und überlegst dir, was du denn nun am besten sagen oder wie dich verhalten solltest.
Ist dir diese Situation schon passiert? Wenn nicht, dann kann es jederzeit mal dazu kommen.
Niemand möchte nun wohl grob, unhöflich oder unsensibel sein, aber sicherlich auch nicht schwülstig, übertrieben vertraulich oder irgendwie peinlich.
Es gibt ein paar Ausnahmen, denen das echt komplett egal ist, aber ich schätze, die lesen diesen Blog wohl ohnehin eher nicht.
Die meisten Menschen wünschten sich, dass sie jetzt wüssten, wie sie sich verhalten sollen und ich möchte in diesem Artikel den Versuch unternehmen, dabei ein bisschen Hilfestellung zu geben.
Es gibt nicht die zehn tollen Sätze, die bei jedem in jeder Situation DER Treffer sind, sonst wäre das Ganze einfach und diese Begegnungen sind das krasse Gegenteil von einfach.
Wenn du also jemandem begegnest oder ihn sogar besuchst, der grade einen anderen Menschen verloren hat, dann gebe ich dir als ersten Gedanken folgendes mit auf den Weg:
Das, was diese Person sich nun wünschen würde, KANNST du ihr gar nicht geben. Das wäre nämlich, jetzt mit diesem verstorbenen Menschen zusammen zu sein, und egal, wie toll du bist, witzig, klug,
sensibel...DU bist NICHT die verstorbene Person. Du kannst kein Ersatz sein.
Also: Du brauchst das auch nicht zu versuchen.
Das heißt aber überhaupt nicht, dass du diesen Menschen dann am besten mal ignorieren solltest!!!
Denn zusätzlich zur Trauer nun noch allein zu sein und zu sehen, wie alle die Straßenseite wechseln, als ob mal aussätzig wäre, macht die Zeit der Trauer noch viel schlimmer.
Obwohl du dir heftig den Kopf zerbrichst, was du tun kannst, schlage ich dir folgendes vor: Frag nach!
1. Für eine zufällige "Auf dem Weg- Begegnung":
Du kannst auf jeden Fall sagen, dass du davon erfahren hast und dann sagen: Es tut mir sehr leid.
Mehr muss dann auch nicht kommen. Wenn du merkst, dass der andere auf das Thema einsteigt, dann höre einfach zu. Vielen tut es gut, über die verstorbene Person zu sprechen. Wenn du zuhörst, gönnst du ihnen diese Erleichterung. Und was Kluges musst du gar nicht sagen!!!, du kannst höchstens ein bisschen nachfragen, um dem anderen das Gefühl zu geben, dass er erzählen darf.
Wenn du das möchtest, ansonsten ist es auch ok. Es ist schon viel, viel mehr als den anderen einfach zu ignorieren, Hallo zu sagen und: Es tut mir leid. Oder auch klassisch: Mein Beileid. Was, ist gar nicht so entscheidend!
2. Wenn du einen Besuch bei einem Trauernden machst, mach dir nicht zu viele Gedanken.
Denn: Wie dem anderen grade zu Mute ist, kannst du unmöglich wissen.
Frag einfach nach! Sag ihm, dass du gerne helfen würdest, aber nicht weißt, wie. Und dass es genauso in Ordnung für dich ist, darüber zu sprechen oder einfach nur still da zu sein oder wenn er sich ablenken möchte, in die Ablenkung einzusteigen. Frag ihn, was ihm grade gut tun würde und akzeptiere die Antwort. Selbst wenn du denkst, dass du jetzt wohl etwas anderes für dich angebracht fändest: Es geht jetzt nicht um dich und du weißt NICHT besser, was für diese Person jetzt gut ist.
Sollte die andere Person dann sagen: Naja, XY war so lange krank, es war jetzt eher eine Erlösung! darf der Betreffende das sagen, aber halte du dich bitte mit solchen Aussagen zurück. Selbst wenn es der Tatsache entspricht und du so darüber denkst, ist es nicht an dir als Nicht- Betroffener, das zu sagen, weil es für den Trauernden meint: Naja, so schlimm war es ja eigentlich nicht. Und für denjenigen IST es vielleicht grade richtig schlimm.
Mach dir klar, dass Trauern ein Auf und Ab ist. Mal möchte der andere etwas unternehmen und Zukunftspläne schmieden, mal stundenlang bewegungslos auf ein Foto gucken, mal weinen, mal lachen, mal grummelig sein und schimpfen, mal von dir hören, wie dein Alltag ist, mal geht ihm das sonst wo vorbei.
Fragen, was grade ok ist und es zu akzeptieren, das ist das wie man sich am besten verhalten kann.
Die Zeit der Trauer ist eine Zeit, die sehr viel Energie verbraucht.
Deshalb ist alles, was du an praktischer Unterstützung geben kannst, Gold wert!
Bring lieber eine Kiste Getränke und Lebensmittel mit als Blumen. Frag nach, ob du bei den tausend organisatorischen Dingen, die jetzt erledigt werden müssen, mit anpacken kannst. Und wenn es darum geht, die Trauerpost in Umschläge zu stecken und zur Post zu bringen, irgendwo anzurufen oder jemanden zur Bank zu begleiten.
Mit diesen Aktionen hilfst du einem Menschen, der grade wie vor den Kopf geschlagen ist, enorm.
Was nervt sind Gäste, die sich ausufernd bewirten lassen, und langatmig über den Verlust, den sie nun erlitten haben, lamentieren, vor allem dann, wenn sie die verstorbene Person selbst eigentlich gar nicht so richtig kannten. (Es ist im Übrigen völlig ok, so jemanden schnellstmöglich vor die Tür zu setzen, so jemanden scheint es fast immer zu geben.)
Mal wird der Trauernde lauthals über einen Witz lachen, mal auf den Verstorbenen schimpfen, um dann vor Traurigkeit zwei Wochen später kein Wort mehr rausbringen zu können. So ist das. Trauer folgt keinen Regieanweisungen.
Sie ist so individuell wie der Trauernde selbst. Oder wie es die Person war, die gestorben ist.
Und das ist gut so. Denn wir sind alle auf unsere Art einzig.