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Krank ist nicht gleich krank

Krank sein ist ja ohnehin schon blöd genug, aber es hilft sehr, wenn andere Menschen einen dann umsorgen und Unterstützung geben. Nicht zu allen Zeiten und nicht bei allen Krankheiten war (und ist) es leider so. 

 

Wann können Kranke auf besonders viel Unterstützung hoffen und wann und warum nicht?

 

Wenn eine Krankheit drei Bedingungen erfüllt, hat man als erkrankter Mensch besonders schlechte Karten:

Nämlich, wenn sie als ANSTECKEND und UNHEILBAR und TÖDLICH gilt.

 

Als 1983 Aids entdeckt wurde, konnte man gut beobachten, wie der einzelne Mensch, aber auch die Gesellschaft, auf eine Krankheit reagiert, die alles davon zu erfüllen schien. 

Sehr unrühmliche Vorschläge wie alle Aidserkrankte auf einer Insel zu isolieren und sie dort ihrem Schicksal zu überlassen, wurden durchaus vorgeschlagen und diskutiert... und dann zum Glück wieder verworfen. 

Als genauer bekannt wurde, wie die Übertragungswege sind und wie man sich schützen kann, war schon der erste kleine Schritt getan, dass wieder ein differenzierter Umgang möglich wurde. 

 

Krebs galt früher auch mal für einige Zeit als ANSTECKEND und TÖDLICH und der Umgang mit Krebserkrankten war ebenfalls so, dass Gesunde möglichst wenig Kontakt mit ihnen haben wollten. Inzwischen wissen wir, dass Krebs nicht ansteckend ist und dieses Wissen hat sofort dazu beigetragen, dass die Berührungsängste weniger wurden. Als dann noch Behandlungsmöglichkeiten entwickelt wurden, so dass eine Krebsdiagnose nicht automatisch ein Todesurteil war, bekamen die Betroffenen die Kontakte zu anderen zurück, die ihnen bestimmt gut getan haben.

 

Bis auf die Menschen, die sich einfach hilflos fühlen, wie man mit jemandem, dem es sehr schlecht geht, umgehen kann, die ziehen sich dann trotzdem zurück, aber das ist eine andere Sache. Nicht unbedingt bedeutet dies, dass es diesen Leuten egal ist, viele fühlen sich einfach hilflos in der Situation. (Ich werde in Kürze einen Artikel schreiben mit Tipps, was man tun kann, was sagen, was vielleicht besser nicht- wenn es von Interesse ist?)

 

Das betrifft zum Beispiel auch oft den Umgang mit Menschen mit psychischen Erkrankungen. Da besteht die Schwierigkeit eher darin, dass ihre Krankheiten nicht als Krankheiten anerkannt werden, sondern eher als merkwürdiges Verhalten, welches sie doch mit etwas Willenskraft in den Griff bekommen könnten. 

 

Je mehr wir über Krankheiten und ihre Entstehungen wissen und Handlungsmöglichkeiten bekommen (sowohl uns zu schützen, als auch die Krankheit zu behandeln) desto mehr verlieren sie ihren Schrecken in der Gesellschaft. 

 

Und weil wir Ängste nicht gut aushalten können, entwickeln wir auch gerne mal eigene Theorien über die Ursache von Krankheiten, die es uns dann helfen, uns selber wieder geschützt zu fühlen.

 

Am meisten Unterstützung haben Menschen, die ein kleineres "mechanisches" Problem haben, ein kaputtes Knie oder ein gebrochener Arm. Das ist für alle anderen am wenigsten bedrohlich, hat, wenn alles gerichtet und verbunden wurde, nichts allzu Ekliges an sich und wird wieder heilen. Gesunde vermuten bei ihnen am wenigsten, dass sie vom ihrem Verhalten her sich verändert haben.

(Dabei kann so eine Verletzung durchaus auch eine psychische Belastung für den betroffenen Menschen bedeuten.)

 

Verletzte, die eine dauerhafte Behinderung erleiden, erleben dann wieder öfter, dass es Leute gibt, die sich nun im Umgang mit ihnen schwer tun. Weil die Kategorie UNHEILBAR zutrifft.

 

Ich wünsche allen Kranken eine gute Betreuung, so viel Unterstützung und so viel Ruhe wie sie es möchten und, wenn es möglich ist, Heilung. 

 

Und ich hoffe, dass dieser Artikel ein bisschen dazu beitragen kann, dass man das eigene Verhalten und das von anderen im Umgang mit erkrankten Menschen verstehen kann.

Sich und andere verstehen zu können ist IMMER der erste Schritt zur Veränderung.