Was haben der Berliner Flughafen, eine lange, unglückliche Ehe, eine immer weiter beförderte, aber trotzdem desaströse Führungskraft und das erste Überschallflugzeug gemeinsam?
Es sind alles Projekte, in die Zeit, Mühe, viele Kosten und Hoffnungen gesetzt wurden, die aber trotzdem nicht funktionieren, egal, wie viel Aufwand nochmal extra betrieben wird.
In der Psychologie spricht man von Sunk Cost Fallacy.
Irrsinnigerweise investieren wir NOCH mehr Zeit und Geld in ein Projekt, welches schon sehr viel Zeit und Geld gekostet hat, obwohl es immer noch nicht fertig ist, obwohl jede Deadline längst überschritten wurde.
Bei einem Projekt wie einst der Concorde, welcher vor seinem ersten Flug schon 2,8 Milliarden Dollar gekostet hatte, nie rentabel war und trotzdem weiterhin 27 Jahre lang mit immer neuen Geldern versorgt wurde, staunt man als Außenstehender und fragt sich: Hatten die zu viel Geld übrig oder wie konnte das passieren?
Und sitzt Abends selber in einem Kino, findet den Film total doof, bleibt aber trotzdem bis zum Schluss sitzen, weil man ja eine teure Kinokarte gekauft hat. Das ist ebenfalls Sunk Cost Fallacy im Kleinen.
Je anspruchsvoller man beispielsweise in einen Beruf investiert, desto schwerer wird man sich etwas Neues suchen, es wird mit jedem investierten Monat schlimmer. Und so leben Menschen in Arztberufen oder in der Justiz mitunter ein qualvolles Berufsleben, in das sie ja schon SO VIEL investiert haben, obwohl sie schon im ersten Semester wussten, dass das eigentlich nichts ist für sie und sie lieber was anderes, nicht so prestigeträchtiges gewählt hätten und sehnen sich mit Mitte 30 nach ihrem Ruhestand.
(Ich habe diese beiden Berufe bewusst gewählt, weil sie eine erstaunlich hohe Suizidrate aufweisen. Aber, WICHTIG, natürlich gibt es MEHR Personen, die Mediziner und Juristen sind, die sehr zufrieden sind und den Beruf wieder wählen würden als unglückliche, nicht dass das falsch rüberkommt.)
Auch emotional können wir jemanden, in den wir schon viel Zeit und Gefühle investiert haben, nur schwer wieder loslassen. Das erklärt (unter anderem) auch, dass Suchtbeziehungen oftmals so lange halten.
Wir tun uns schwer damit, uns einzugestehen, dass wir einen Fehler gemacht haben. Das Eingeständnis würde auch bedeuten, dass der ganze Aufwand, den wir betrieben haben, ein Verlust für uns darstellt, investiertes Geld und Zeit, die vergebens war.
In uns ist angelegt, dass wir versuchen, Verluste zu vermeiden. Wir wollen schon das Gefühl von Verlust vermeiden. Verlust fühlt sich einfach schrecklich an.
Ebenso würde es irgendwie auch uns als Person in Frage stellen, wenn wir unsere Entscheidungen in Frage stellen und dazu braucht es ein wirklich stabiles Selbstvertrauen, um das zu verdauen, und wer hat das schon?
Also hoffen wir, dass wir, wenn wir uns nur noch mehr bemühen, das Ganze schon einen guten Ausgang nehmen wird und legen noch eine Schippe drauf.
Beschulen die schlechte Führungskraft mit noch mehr Aufwand, geben ihr noch wichtigere Projekte, obwohl sie egal wo sie hinkommt nur demotivierte Mitarbeitende produziert und alles gegen die Wand fährt.
ABER: Über Sunk Cost Fallacy Bescheid zu wissen, ist schon der erste Schritt aus der Misere.
Versuche, mal sachlich und realistisch auf dein "Projekt" zu gucken und dir folgende Fragen zu beantworten:
- Würde ich mich dafür noch einmal entscheiden?
- Mit welcher Wahrscheinlichkeit wird mein Vorhaben tatsächlich ein gutes Ende nehmen?
- Warum habe ich Angst, das Projekt zu begraben?
- Was wäre das Schlimmste, das passieren könnte, wenn ich es aufgebe?
- Was würde mir ein neutraler Beobachter raten?
- Welche Informationen habe ich heute, die ich damals noch nicht hatte?
Und dann traue dich, einen Schlussstrich zu ziehen nach dem Motto "Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende"!
Sunk Cost Fallacy hat schon viel klügere Köpfe als dich an den finanziellen und emotionalen Abgrund gebracht.
Wenn dir der Film nicht gefällt, gehe raus. Vielleicht ist es schade um die Kinokarte. Aber es wäre auch schade um deine Lebenszeit, die du vergeudest und die du nicht wieder bekommen wirst.
Jede Entscheidung gegen etwas ist auch eine Entscheidung FÜR etwas.