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Die Kunst des Motivierens

Es ist immer wieder die Aufgabe von Führungskräften, jemand anderen dazu zu motivieren, etwas zu tun, was er im besten Fall völlig uninteressant findet. 

Jeder Mensch kennt motivationsmäßig wenigstens einen Pferdefuß, etwas, worauf man einfach keine Lust hat, egal, wie dringend man sich darum kümmern müsste oder wie gut es für einen wäre. Das betrifft Führungskräfte persönlich übrigens ebenso.

 

Wie kann man also die richtige Motivation für sich und andere finden?

 

Zunächst einmal gucken wir uns genauer an, was es mit der intrinsischen und extrinsischen Motivation auf sich hat.

In der Arbeitswelt haben sich diese beiden Begriffe schon so durchgesetzt, dass sie ganz selbstverständlich im Sprachgebrauch von Vorgesetzten auftauchen. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie diese beiden Faktoren wirklich richtig kennen und vor allem einsetzen.

 

Also: Intrinsische Motivation bedeutet, dass man Dinge aus einem eigenen Interesse heraus macht. Für Hobbys muss uns keiner eine Bezahlung anbieten, wir freuen uns, wenn wir Zeit dafür haben und genießen die Tätigkeit. Und auch Alltagspflichten und manche Arbeitsaufgaben machen wir einfach gerne- aus den unterschiedlichsten Gründen.

 

Extrinsische Motivation bedeutet, dass man Dinge tut, weil der Anreiz dafür von außen kommt. Entweder als Belohnungsanreiz (wenn du dein Zimmer aufräumst, bekommst du ein Eis) oder aus Angst vor Bestrafung (wenn du dein Zimmer nicht aufräumst, darfst du zwei Tage nicht an die Playstation). Und weil wir schon beim Thema sind: Hier ist eine doppelte extrinsische Motivation nicht schädlich, sondern kann sogar die Motivation steigern. (Also: Wenn du dein Zimmer aufräumst, bekommst du ein Eis, wenn nicht, kommt die Playstation für zwei Tage unter Verschluss! Ok: Das soll ein Beispiel für doppelte extrinsische Motivation sein, NICHT für ein geeignetes pädagogisches Konzept). 

 

Grundsätzlich ist es immer besser, wenn man intrinsisch motiviert ist. Ein Kind, welches Spaß daran hat, sein Zimmer in Ordnung zu halten (ja, kommt selten vor, aber es gibt sie) braucht keine Kontrolle, man kann sich energieraubende Diskussionen sparen und das Ergebnis ist genau so wie man es sich gewünscht hat. Und wenn´s ganz besonders toll läuft, räumt das Kind auch noch in Gemeinschaftszimmern auf, einfach, weil es die Unordnung dort störend findet. (Wie gesagt, das kommt wirklich SELTEN vor). 

 

Was kann uns denn alles intrinsisch motivieren, wo sind die Ansätze?

 

Wenn du den Artikel "Die Ursache aller Konflikte" schon gelesen hast, weißt du, dass Menschen völlig unterschiedliche Wichtigkeiten und Bewertungen von Dingen haben und dass sich das auch nicht so einfach oder gar nicht verändern lässt. 

 

Deshalb muss man andere Menschen schon gut kennenlernen, um zu erfahren, was ihnen am Herzen liegt. Was ihnen wirklich wichtig ist. Die einen mögen beispielsweise mitmenschlichen Kontakt und haben ein hohes Kommunikationsbedürfnis und wenn sie das bei der Erledigung der Aufgabe erfüllt bekommen, oder noch besser, das sogar die Aufgabe an sich umfasst, sind sie hoch intrinsisch motiviert.

 

Andere machen alles dafür, wenn ihnen plausibel erklärt worden ist, worin der Sinn der Aufgabe liegt. 

 

Und nur, weil die Führungskraft glaubt, alle kennen das Ziel und die Absicht, ist das sehr oft nicht der Fall.

Ich bekomme immer wieder auf die Frage, warum eine Aufgabe denn erledigt werden muss, ein Achselzucken und ein gemurmeltes "Weiß ich eigentlich auch nicht so genau" als Antwort.

 

Andere haben ein hohes Neugierbedürfnis und werden alles dafür tun, um hinter das Rätsel zu kommen, wenn man ihnen eins präsentiert. 

 

Wiederum andere haben tief in sich den Wunsch danach, Karriere zu machen, die hängen sich richtig rein, wenn sie davon überzeugt sind, dass sie das beruflich voranbringen wird.

Es sei denn, dies bleibt immer nur ein Versprechen, dann hat man Mitarbeiter sehr nachhaltig frustriert und braucht sich nicht wundern, wenn die Motivation irgendwann dahin ist.

 

Ein anderer Mensch ist wahnsinnig gerne aktiv und in Bewegung und wenn man ihm die Gelegenheit bietet, herum zu düsen und Aufgaben zu erledigen, ist derjenige seelig. 

 

Und noch ein anderer kümmert sich einfach gerne um andere und ist voll bei der Sache, wenn das ausgelebt werden darf. 

 

Oder oder...

 

Ich glaube, es wird klar, dass intrinsische Motivation eben nur dann funktioniert, wenn man den richtigen "Zwiebel"kern (da wo es wichtig, emotional und tränenreich wird) des Menschen trifft. 

 

Aber es lohnt sich, den zu erkennen. Hochintrinsische Mitarbeiter halten auch dann den Laden am Laufen und sorgen für gute Ergebnisse, wenn man selber nicht vor Ort sein kann. Sie haben einen viel geringeren Krankenstand und sorgen für ein positives Betriebsklima, selbst bei schwierigen und unangenehmen Aufgaben. Weil sie das Bedürfnis haben, die Aufgabe anzugehen, sind sie da und überlegen sogar eigenständig, was noch zu tun ist.

 

Ein Vorgesetzter, der auf seine Machtposition pocht und, weil er es kann, Menschen ihre geliebten Aufgaben wegnimmt und extra unbeliebte gibt, letztendlich nur um zu zeigen, dass er die Macht dazu hat, wird langfristig nicht auf gute Ergebnisse hoffen können. 

Und in Zeiten des akuten Personalmangels kann sich keine Firma mehr solche Führungskräfte leisten. 

(Ja, die "guten" alten Zeiten, als man Leute einfach so feuern konnte, weil sie nicht gespurt haben, sind grade wirklich, wirklich vorbei. Das kann man bedauern oder lassen, aber man fährt einfach gut damit, wenn man sich den Realitäten stellt. Und die sind so, dass Arbeitnehmer viele andere Möglichkeiten haben.)

 

Zurück zum motivieren:
Was passiert, wenn man intrinsische und extrinsische Motivation verknüpft? Hat man dann den Motivationsbooster schlechthin?

Nein, hat man nicht. 

 

Langfristig übernimmt dann die extrinsische Motivation. 

 

Schwierig auseinanderzuhalten bei Leuten, die intrinsisch an Karriere interessiert sind. Die machen Aufgaben aus dem Antrieb heraus, dass es sich für sie lohnen soll.

 

Wenn man aber Leute ständig für etwas belohnt, was sie intrinsisch motiviert, kann das schief gehen. (Was aber nicht gegen eine wohl verdiente Gehaltserhöhung spricht, ich rede hier von STÄNDIG).

 

Ein Beispiel wird das veranschaulichen:


Einer Gruppe lesebegeisterter Kinder wurde gesagt, dass sie ab jetzt jeden Tag eine Stunde lesen sollen und dafür dann eine Belohnung bekommen. Die waren natürlich erstmal total begeistert. Denn lesen wollten sie ja sowieso. 

Nach ein paar Wochen hat man die Belohnung wegfallen lassen und sie durften so viel oder so wenig lesen, wie sie wollten.

Ergebnis: Sie hatten keine Lust mehr zu lesen. Die extrinsische Motivation hatte die intrinsische überlagert und als sie wegfiel, war erstmal die intrinsische Motivation auch futsch.

 

Deswegen ist es ja auch so problematisch, wenn Kinder in den Schulferien Bücher, die sie teilweise gar nicht interessieren, lesen MÜSSEN. Die, die sich erstmal durch die Pflichtleküre gearbeitet haben, haben danach oft keine Lust mehr auf ihre eigenen Bücher. 

Bei den Kindern, die keine Lust aufs lesen haben, richtet das keinen Schaden an!

Tatsächlich kann sich sogar durch wiederholte Übung (und durch extrinsische Motivation) eine Kompetenz entwickeln, die dazu führt, dass die Kinder die Tätigkeit interessanter finden, einfach, weil sie es jetzt können.

Ein Kind, welches eher sportlich unbegabt ist, aber gut eine Sportart erklärt bekommt und immer wieder übt, wird darin Fähigkeiten entwickeln, und ja, es kann dazu kommen, dass das Kind das irgendwann sogar ganz gerne macht.

 

Was ist also das Fazit, wenn wir uns diese ganzen Faktoren ansehen?

 

1. Versuche herauszufinden, was dich (oder deine Mitarbeitenden) intrinsisch motiviert und schließe nicht von dir auf andere

 

2. Versuche immer erst auf intrinsische Motivation zu setzen

 

3. Du kannst aber für Dinge, die dich (oder andere) in diesem Leben nicht mehr freiwillig intrinsisch motivieren werden, sehr gut extrinsische Motivation einsetzen.

Wer Mathematik als Schulfach hasst, darf ruhig eine Belohnung in Aussicht gestellt bekommen, wenn die Aufgaben trotzdem gelöst wurden.

Du darfst dir selber eine Belohnung in Aussicht stellen für eine ungeliebte Aufgabe!

Aber das ist für die Sachen nicht nötig und sogar schädlich, für die eine intrinsische Motivation da ist. 

 

Denn der schöne Spruch "Mach dein Hobby zum Beruf und du brauchst nie wieder zu arbeiten" stimmt langfristig leider nicht. Es gilt eher "Mach dein Hobby zum Beruf und du wirst es langfristig als Arbeit empfinden." 

 

Was aber überhaupt nicht bedeutet, dass man jemanden keine positive Rückmeldung oder ein Dankeschön geben muss, wenn etwas, egal ob intrinsisch oder extrinsisch motiviert, erledigt wurde. Diese extrem wirksame Form der Motivation, die praktisch keine Zeit und keinen Aufwand fordert, wird immer wieder weggelassen. 

 

Oder überlege mal ganz ehrlich, WANN du das letzte Mal jemandem gesagt hast, dass die Arbeit gut war? Also, nicht so allgemein, sondern auch konkret aufzählen konntest, was daran gut war und damit zeigst, dass du es wirklich ehrlich meinst,  und dich bedankt hast?

 

(Der letzte Vorgesetzte, den ich das gefragt habe, hat mir geantwortet: Ich halte nichts davon, mich für alles zu bedanken, meine Mitarbeiter werden schließlich dafür bezahlt, dass sie ihre Arbeit machen.

Nun, objektiv gesehen hat er recht. 

Aber er hat leider auch aktuell das Problem, geeignetes Personal zu finden..)